Im Jahr
2017 konnte das gut 2.000 Seelen umfassende Birlinghoven, der kleinste Ortsteil
der Stadtgemeinde Sankt Augustin, das 900-jährige Jubiläum der ersten
urkundlichen Erwähnung im Jahr 1117 begehen. Alle Vereine des Ortes
organisierten gemeinsam die Feierlichkeiten dazu. Das Gedenkjahr stand unter
dem Motto: „900 Jahre Birlinghoven – und wir können noch mehr...!!!“ Das zeugt
von Mut und Zuversicht für die Zukunft und auch von der Bereitschaft zum
Eintreten für eine gemeinsame Sache, für bürgerschaftliches Engagement, das immer
integraler Bestandteil einer Gesellschaft mit menschlichem Gesicht sein muss
und das meine Familie und mich, seit wir vor 25 Jahren hierher kamen, immer
beeindruckt hat. Dazu gehören etwa der gemeinsame Einsatz für neue,
zukunftsorientierte Projekte und das Knüpfen und Erhalten sozialer Netzwerke –
keineswegs nur in zweckrationalem Sinn, sondern auch und vor allem mit Blick
auf den Nachbarn und den Nächsten. Dazu gehört auch die Pflege von Tradition
und Brauchtum, die in einer kleinen, überschaubaren Ortsgemeinde immerhin leichter möglich ist als in einer
größeren Stadt. Beispiele für dieses starke bürgerschaftliche Engagement aus
jüngerer Zeit in Birlinghoven sind der mit großem Einsatz der
Dorfgemeinschaft schließlich erreichte
Bau eines Bürgerhauses, die Anlage eines Hybridrasenplatzes, der vor allem der
Jugend zugute kommt und die Einrichtung eines Einkaufsmarktes für die örtliche
Nahversorgung.
Alle Bilder: Sigfried Lütz, Birlinghoven |
Natürlich
haben die genannten Werte auch eine deutlich christliche Dimension, auch wenn
etwa im Bereich der Traditionspflege der ursprünglich starke christliche Impuls
leider stark zurückgegangen ist. Immerhin: Die beiden größten jährlichen
Dorffeste beginnen jeweils mit einem Gottesdienst im Freien, der im jährlichen
Wechsel von katholischer und von evangelischer Seite gestaltet wird: das von
dem seit 1871 bestehenden Männerchor ausgerichtete Brunnenfest und das vom
Bürgerverein, der mit großem Erfolg die Neubürger in den Ort integriert,
organisierte Kinder- und Familienfest.
Von dem
erwähnten bürgerschaftlichen Engagement zeugte in Birlinghoven eindrucksvoll
auch der Bau der Kirche „Mariä Himmelfahrt“, deren Grundstein 1871 gelegt
wurde, auf dem Höhepunkt des für die katholische Kirche bedrohlichen
„Kulturkampfes“ im Deutschen Kaiserreich. Das Kirchlein wurde auf Initiative
und in Eigenleistung der seinerzeit noch ganz überwiegend katholischen
Einwohner des Dorfes und mit Einverständnis des Pfarrers in Stieldorf
errichtet, zu dessen Pfarrgemeinde Birlinghoven damals gehörte; 1970 wurde es
in die Pfarrgemeinde Sankt Martinus in Sankt Augustin-Niederpleis
eingegliedert.
Bald nach
dem Bau des Kirchleins wurde auch der „Marienverein“ gegründet, dem die meisten
Katholiken in dem Ort beitraten. Er will durch die Mitgliedsbeiträge, durch
Spenden und Sammlungen für den Erhalt und eine würdige Ausstattung des
Gotteshauses und der Gottesdienste sorgen. Der Verein hat heute knapp 60
Mitglieder, dazu kommen Freunde und Förderer.
Als 1932
ein Erweiterungsbau der Kirche notwendig wurde und zudem nach Ende des Zweiten
Weltkrieges erhebliche Schäden an der Kirche beseitigt werden mussten,
beteiligte sich die Dorfgemeinschaft, insbesondere der Marienverein erneut sehr
stark. Für eine grundlegende Instandsetzung der Kirche im Jahr 1965 stellte
dann das Erzbistum Köln beträchtliche Geldmittel zur Verfügung, aber die
Leitung dieser Bau- und Restaurierungsmaßnahmen lag zu einem großen Teil beim
Marienverein. Er ist heute der einzige noch verbliebene kirchlich-katholische
Verein in Birlinghoven.
Manfred
Agethen
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