200 Jahre Stille Nacht – Heilige
Nacht
Die Redaktion des Pfarrbriefes in Troisdorf (www.trokirche.de) hat
ihre Weihnachtsausgabe mit nachdenklichen Beiträgen aus heutiger Zeit zu den
einzelnen Teilen der berühmten ersten Strophe entfaltet. Die AutorInnen und der
Zeichner haben sie uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt:
Juan Francisco González, 2018 |
Manchmal wache ich mitten in der Nacht auf. Mit dem Schlaf ist
es vorbei, weil ein Grübeln einsetzt. Mal habe ich wirklich Sorgen oder Stress,
mal nur kleine Problemchen. Aber egal wie, ich liege wach und grüble. Bei Tage
betrachtet, wundert
mich nur eines: dass ich angesichts einiger gesellschaftlicher
Entwicklungen überhaupt noch ruhig schlafen kann. Ich denke daran, dass vor
unserer europäischen Haustür, im Mittelmeer, immer wieder Menschen ertrinken.
Sie sind, oft mit ihren kleinen Kindern, in Schlauchboote gestiegen, weil sie
in ihrer Heimat in existenzieller Not sind oder keine Lebensperspektive haben.
Wir wissen darum, und zwar seit Jahren. Da es sich aber um eine globale
Problemsituation handelt, sehen
wir uns oft nicht in der Lage, nachhaltig etwas zu ändern, weder
bezüglich der akuten Notlage, noch bezüglich der Ursachen der Migration. Und
natürlich hat jeder von uns auch noch andere, eigene Probleme und Belastungen.
Dennoch: Werden unsere Kinder nicht fragen: „Was habt ihr getan, als es früh
genug war?“ Manche von uns werden dann gute Antworten haben: Menschen, die so
handeln wie zum Beispiel
Rupert Neudeck es getan hat: Menschen, die sich aktiv in der
Seenotrettung, Entwicklungshilfe oder Flüchtlingshilfe engagieren.
Nicht jeder ist in der Lage, sich so massiv einzusetzen. Aber
jeder kann darüber nachdenken, was er oder sie persönlich tun kann: vielleicht
spenden, vielleicht mit Bundestagsabgeordneten in Kontakt treten, um
klarzustellen, welche Politik man als Christ erwartet. Sicher können Wahlberechtigte
im nächsten Jahr an den Wahlen zum Europaparlament teilnehmen und dabei die
Kräfte stärken, die an wirklichen
Lösungen für Probleme arbeiten und sich für ein gutes
Zusammenleben aller Menschen einsetzen. Vielleicht ist es auch hilfreich, wenn
man Stammtischparolen offen seine Meinung entgegensetzt, wenn wir nicht
schlafen in den Momenten, in denen andere Polemik und Hetze verbreiten. Wo
andere diffuse Ängste äußern, kann man nachfragen und den Blick öffnen für die
Fluchtursachen von Menschen. „Himmlisch“ können wir dann wahrscheinlich immer
noch nicht schlafen, aber vielleicht so, wie nach getaner Arbeit.
Ute
Wolf