Mittwoch, 15. März 2017

Darf’s etwas mehr sein? XXL in der Seelsorge ...

Etwas spät, aber nun dennoch kurz vor dem nächsten Heft nun endlich auch hier der Beitrag aus fünfachtel 3/2016:

Zwei Impulse führen zu diesem kleinen Gedankengang:
Erstens ein noch ziemlich aktuelles Buch mit dem provokanten Titel: „XXL Pfarrei. Monster oder Werk des Heiligen Geistes?“ Ein Pfarrer und sein ehren- und hauptamtliches Team berichten von den guten und schwierigen Erfahrungen beim Aufbruch in die Zukunft. Gegen schnelle Vorurteile setzen sie echte Beteiligung und konkrete Handlungsoptionen. Ungeschönt und lesenswert.

Zweitens der ältere vorgebliche „Dokumentar“-film „Supersize me“, der die Eigenart der Fastfood-Kultur in den USA karikiert. Der Hauptdarsteller will die schlimmen gesundheitlichen Folgen zeigen, die sich durch tägliche ausschließliche Ernährung in solchen Restaurants und durch mangelnde Bewegung ergeben. Heute kann man aber auch vielfältige Kritik dazu lesen. Der Mangel an Bewegung ist bleibend das wohl Entscheidende.


An und für sich klingt die Überschrift hier ja zunächst harmlos. Sie erinnert mich an gemütliche Einkaufserfahrungen an der Metzgereitheke. Im Supermarkt sprechen große Portionen immer an, preiswert einzukaufen ist heute vielen vielleicht wichtiger als der kritische Blick auf Qualität. Ich glaube, dass „XXL“ nicht nur beängstigende Assoziationen hervorrufen muss. Aber man sollte genau hinschauen. Wenn wir aber in Bezug auf unsere Gemeinden die Erfahrungen oder die Gefühle zu immer größeren Einheiten ansprechen, dann wird schnell von Angst, Verlust, Niedergang, Vorwürfen
und Schuldigen zu hören sein. Sündenböcke waren ja auch schon in biblischer Zeit notwendig.


Ist denn ein Blick in die Weite immer nur schlecht? Das vorschnelle Aburteilen von sogenannten Strukturreformen entlastet ja auch von dem ehrlichen Blick in die Realität und vor allem auf den Auftrag, der uns als Christen gestellt ist. Immer stehen Menschen in der Gefahr, die eigenen guten Erfahrungen und Bilder der Vergangenheit, die über viele Jahre vielleicht auch die richtigen damaligen Antworten waren, für absolut zu setzen. Alles Neue ist dann automatisch schlecht.


Ich persönlich möchte mich lieber immer wieder entscheiden, auch die Chancen zu sehen. Und mich den Realitäten zu stellen. Keine Frage: immer wird persönlicher Kontakt von Mensch zu Mensch, von Christ zu Christ und auch Nichtchrist, vom durch Jesus Christus motivierten Helfenden zu dem, der oder die in einer Situation Unterstützung oder Zuwendung braucht, das entscheidende Merkmal
einer christlichen Gemeinde sein. Die Projektion auf eine idealisierte Seelsorgerfigur alleine und
eine gefühlte Nähe durch die Erfüllung unterschiedlichster Erwartungen führt nicht in die Zukunft. Und das nicht, weil es diese idealisierten Seelsorger rein rechnerisch immer weniger geben wird. In blühenden Gemeinden an anderen Orten der Erde gab es aus dieser Perspektive heraus noch nie so viele davon, wie es sein müssten.

Es müssen Gemeinschaften von Menschen sein, die Gott einen Platz in ihrem Leben geben, die sich von ihm leiten lassen. Es gibt vielleicht in größeren Zusammenhängen und beim Blick über den örtlichen Tellerrand auch die Chancen, dass sich in neuer Weise Gruppen finden und Dinge entstehen können, die heute nötig sind und die unseren heutigen gesellschaftlichen Realitäten eine Antwort aus dem Glauben anbieten. Im Evangelium finde ich nichts davon, dass das nur in kuscheligen und von der Außenwelt in gewisser Weise abgeschotteten Pfarrfamilien geschehen muss. Im Gegenteil: Jesus sendet. Uns alle.


So hören wir das übrigens auch am Ende jedes Sonntagsgottesdienstes: „Gehet hin in Frieden“, denn ihr seid gesendet.
Gott sei Dank.

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