Sich gegenüber stehen grundsätzliche oder gar fundamentalistische Meinungen:
Sollen wir als Kirche die reine Lehre im heiligen Raum verkünden, sammeln im überschaubaren Raum, vertraute Angebote von bekannten Gesichtern gestalten für die passenden Menschen
oder
sollen wir den Aufbruch in Ungewisses wagen, uns einlassen auf und mit weltlichem Raum, Neues und Unbekanntes wachsen lassen und entwickeln, dabei offen sein für viele, für genau die, die dort sein werden, auch für ganz andere als die gewohnten Milieus?
Trauen wir uns mit unserem Profil und unserer Botschaft auf den Marktplatz, wie es seinerzeit Paulus getan hat? (Apostelgeschichte 17, 22.23.27.28)
Welcher Meinung schließen sie sich an? Ich frage mich wie andere auch für unsere Gemeinden: Welche Not sehen wir, welche Aufgabe steht an, ist die unsere, verlangen die Zeichen der Zeit von uns? Welche Chancen bieten sich uns (theologisch sagt man: Kairos, der richtige Augenblick für die richtige Handlung, Gott gegeben), wo weht der Geist Gottes, den wir nicht immer oder noch nicht verstehen? Was entwickelt sich in diesem glänzenden und lichtdurchfluteten neuen Haus in der Mitte unserer Stadt, von dessen Dach aus man nun sogar den Kölner Dom sehen kann?
Was für einen weiten Blick man doch gewinnen kann, wenn man sich an neue Orte wagt. Wenn wir dorthin schauen und vor dort aus wieder auf uns schauen, können wir viel lernen. Alles dort ist neu und unter voller Beanspruchung: Massen von Schülerinnen und Schülern, Passanten, Aktionen, Nutzer des für uns hier vor Ort noch ungewohnten und für viele sehr wertvollen WLans (freies Internet für Mobiltelefone). Daneben findet der Abbruch eines altgedienten Gebäudes statt, noch Unbekanntes ist nur angedeutet, Auswirkungen sind nur zu erahnen - gilt das nicht für vieles genauso, was aufmerksame Beobachter unserer internen kirchlichen Wirklichkeit wahrnehmen? Ist es nicht gut, die allzu gewohnten Wege zu überdenken? „Kirche, die über den Jordan geht“ lautet der Titel eines anregenden Buches der letzten Jahre – das bedeutet nicht Niedergang, sondern Kundschafter in unbekanntes Land zu senden. Das Erzbistum Köln hat das Schlagwort „Neue Wege in Pastoral“ ins Spiel gebracht – für manche Gewohnheit könnte die Realität der nahen Zukunft mehr Schlag als Ratschlag sein.
Es trotzdem zu wagen und zu investieren, sich etwas entwickeln zu lassen tut Not, auch wenn es vielleicht nur ein Versuch ist, ein Experiment - nicht jeder Bauplan wird zu einem Dom, der die Jahrhunderte und bewegte Zeiten, ja sogar Kriege überdauert. Aber für die Zeit genau heute, für die Sorgen und Wege der Menschen genau heute sollten wir uns trauen – wir sind als Kirche „für die Menschen bestellt“, wie Kardinal Frings es auf sein Wappen geschrieben hatte. Einige sind schon bereit es zu wagen und ihr Herz und ihre Zeit einzusetzen - begleiten sie es mit Gebet und Kraft und Nachfrage und Neugier und Einsatz und Hilfe und mit Dingen und Gedanken, die möglicherweise noch niemand kennt - mit Gottes Segen, wie wir auch gebeten wurden ihn über das neu eröffnete Haus zu sprechen, wird es gelingen. Frei nach Augustinus: eine Stadt und auch eine Kirchen- oder Pfarrgemeinde besteht nicht aus Mauern und Strukturen, sondern aus den Menschen.
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