Bild aus dem Haus Völker und Kulturen, Sankt Augustin (B. Bungarten) |
Über 800.000 Menschen werden dieses Jahr
laut Innenminister Thomas de Maizière zu uns kommen. Das überrascht viele. Wir
sollten uns jedoch fragen, warum diese Menschen zu uns kommen.
Mal einen anderen Blickwinkel versuchen
Die Projektwoche bietet Anlass, einmal die afrikanische Maske aufzusetzen und zu versuchen, das Problem aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten.
Die afrikanischen Flüchtlinge kommen
meistens aus einem von zwei Gründen: Krieg oder Armut. In der Bundesrepublik
wird nur der erste als Asylgrund anerkannt. Menschen, die wegen ihrer Armut
fliehen, werden als „Wirtschaftsflüchtlinge“ abgeschoben. Hier verweisen die
Politiker dann immer darauf, man würde ja die Fluchtursachen bekämpfen. Doch
was ist die Fluchtursache? Die Antwort: Wir.
Nicht nur, dass die europäischen Staaten
als Kolonialmächte die einseitige Wirtschaftsausrichtung der afrikanischen
Länder verursacht haben, die nun zunehmend darunter leiden. Nein, die
Europäische Union überschwemmt auch noch die lokalen Märkte mit hochsubventionierten,
eigenen Produkten, die für lokal produzierte Waren eine vernichtende Konkurrenz
darstellen. Damit verlieren die Bäuer*innen ihre Lebensgrundlage.
Europa nimmt Bäuer*innen die Lebensgrundlage
Ein gutes Beispiel dafür sind
Geflügelabfälle. Auf dem deutschen Markt verbleibt nur die Hühnerbrust, alles
andere wandert auf den anderen Kontinent. Die Abfälle sind dort so billig, dass
z.B. in Ghana neun von zehn Hühnerfarmen schließen mussten.
Wenn die ghanaischen Landwirt*innen von europäischen
Produkten in die Knie gezwungen wurden, haben sie im Prinzip drei Optionen:
völlige Armut, Flucht nach Europa oder Piraterie. Was ist uns lieber?
Aufgrund der zunehmenden Verarmung der
afrikanischen Staaten, sind sie gezwungen, sich Geld bei der EU und dem IWF zu
leihen. Eine der Bedingungen dafür: Das Abschließen eines Freihandelsabkommens
mit den europäischen Staaten.. Diese untersagen es den Ländern, ihre Wirtschaft
durch höhere Einfuhrzölle zu schützen. Damit haben die subventionierten
Produkte der EU leichtes Spiel, die Zerstörung der afrikanischen Märkte wird
weiter forciert.
Auch bei den Fischern ist es kaum anders: Europäische Fischtrawler,
riesige, schwimmende Fischfangfabriken, leeren die Meere vor der afrikanischen
Westküste. Was die arbeitslosen, lokalen Fischer dann machen, kann man in
Somalia beobachten: Piraterie feiert Hochkonjunktur.
Europa macht Afrika arm
Diese Beispiele zeigen: Für unsere Wirtschaft nehmen wir die Armut Afrikas in Kauf. Entwicklungshilfe ist wichtig und richtig, bleibt aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, solange sich nichts an der Exportpolitik der EU ändert.
Wenn
wir nun die Maske absetzen, sollten wir in Erinnerung behalten, was uns der
Blick aus der afrikanischen Perspektive gelehrt hat: Bevor wir uns über Flüchtlinge
beschweren oder unsere Entwicklungshilfe bejubeln, sollten wir uns erst darum
kümmern, unsere Zerstörung der afrikanischen Märkte abzustellen.
Dieser Beitrag wurde ursprünglich für die
Dokumentationszeitschrift „afri:doku“ zur Projektwoche des Albert-Einstein-Gymnasiums
2015 verfasst.
Leider ist er in dieser Zeitung nicht mehr zu
finden. Albert Wenzel
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